Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses kommt es immer wieder zu Sach- oder Personenschäden auf Seiten des Arbeitgebers wie auch auf Seiten des Arbeitnehmers. Dann stellt sich regelmäßig die Frage, wer für was aufkommen soll.
A. Haftung des Arbeitnehmers
Im Einzelfall könnten bereits durch leichte Unachtsamkeit des Arbeitnehmers immense Schadensersatzforderungen auf ihn zukommen, die seine wirtschaftliche Existenz unter Umständen vernichten würden.
Im Hinblick auf die eingeschränkte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer und die Verpflichtung des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter nicht zu hohen Risiken auszusetzen, wurde die Lehre von der innerbetrieblichen Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers entwickelt.
1. Voraussetzung für die Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers
Der Schaden muss bei einer betrieblich veranlassten Tätigkeit entstanden sein. Dies sind alle Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die im Interesse und auf Veranlassung des Arbeitgebers durchgeführt werden, auch wenn sie nicht unmittelbar zur beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers gehören. (Eine Verkäuferin, die einem LKW-Fahrer im Lager beim Abladen hilft, übt demnach eine betrieblich veranlasste Tätigkeit aus…)
Im Falle einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Nichtaufnahme der Arbeit außerhalb eines rechtmäßigen Streikes oder greift der innerbetriebliche Schadensausgleich nicht. Schließlich liegt in diesem Fall keine betrieblich veranlasste Tätigkeit vor. Deshalb kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall den gesamten Schaden, der durch das Fehlverhalten entsteht (z.B. weil Verträge nicht rechtzeitig erfüllt werden können), beim Arbeitnehmer geltend machen.
In solchen Fällen ist auch die Vereinbarung einer schadensunabhängigen Vertragsstrafe zulässig. Diese darf aber nicht unverhältnismäßig hoch bemessen sein (i.d.R. bis zu einem Bruttomonatsgehalt).
2. Umfang der Haftung
Im Falle des Schadenseintrittes aufgrund einer betrieblich veranlassten Tätigkeit richtet sich die Haftung des Arbeitnehmers nach dem Grad des Verschuldens:
- Leichteste Fahrlässigkeit schließt eine Haftung des Arbeitnehmers aus. Sie ist dann gegeben, wenn nur ein ganz geringes Verschulden vorwerfbar ist, z.B. bei einem Fehlverhalten unter starkem Druck in einer Notsituation, wenn für planvolle Überlegungen keine Zeit mehr bleibt.
- Normale Fahrlässigkeit führt zu einer Quotelung des Schadens, regelmäßig wird maximal die Hälfte des Schadens zu tragen sein. Allerdings wird ein eventuelles Mitverschulden des Arbeitgebers zu einer Minderung der Schadensersatzpflicht führen. Wenn zumutbare Maßnahmen, die den Schadenseintritt verhindert oder die Höhe des Schadens begrenzt hätten, unterblieben sind, ist hierfür der Arbeitnehmer nicht verantwortlich zu machen.
Beispiele:
- Abschluss von Versicherungen wie z.B. Vollkasko für Firmenwagen (deshalb wird maximal bis in Höhe der entsprechenden Selbstbeteiligung gehaftet.);
- Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen an Maschinen;
- Bessere Beleuchtung am Arbeitsplatz, etc.
Darüber hinaus wird bei der Quotelung auch das Verhältnis des Einkommens des Arbeitnehmers zur Schadenshöhe berücksichtigt. Auch die Höhe des Risikos eines Schadenseintritts wird in die Haftungsquote einbezogen.
- Grobe Fahrlässigkeit führt normalerweise zur uneingeschränkten Haftung des Arbeitnehmers, Vorsatz immer. Von grober Fahrlässigkeit spricht man, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße vernachlässigt wurde, es muss eine auch subjektiv unentschuldbare Fehlleistung vorliegen. Aber auch bei grober Fahrlässigkeit wird ein eventuelles Mitverschulden des Arbeitgebers berücksichtigt.
3. Schädigung von Kollegen/Dritten
Im Arbeitsalltag bleibt es oftmals nur dem Zufall überlassen, ob bei einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers der Arbeitgeber oder aber Arbeitskollegen bzw. Dritte geschädigt werden. Es drohen dementsprechend auch im Falle der Schädigung von Kollegen oder Dritten (Kunden, Mitarbeiter anderer Unternehmen etc.) Schäden durch betrieblich veranlasste Tätigkeiten, die in keinem Verhältnis zum Verdienst des Arbeitnehmers stehen. Daher wird die innerbetriebliche Haftungsbeschränkung auch bei der Schädigung von Kollegen bzw. Dritten entsprechend angewendet, wenn diese den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
Dem Arbeitnehmer erwächst in solchen Fällen ein Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber in Höhe des Schadensanteils, den der Arbeitgeber übernehmen müsste, wenn er selbst geschädigt worden wäre. Diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer unter Umständen an den Geschädigten abtreten, oder er tritt in Vorleistung und lässt sich die entsprechende Summe vom Arbeitgeber erstatten.
Eine Besonderheit gilt bei den Personenschäden (Körper, Gesundheit) von Arbeitskollegen: Der geschädigte Kollege erhält üblicherweise Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, da es sich für ihn regelmäßig um einen Arbeitsunfall handelt. Weitergehende Ansprüche gegen den Schädiger (z.B. Schmerzensgeld!) sind damit ausgeschlossen. Damit soll der Betriebsfrieden gewahrt und Klagen zwischen Kollegen vermieden werden. Ansprüche gegen den Schädiger entstehen nur, wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hatte oder wenn es sich um einen Wegeunfall (zwischen Wohnort und Arbeitsplatz) handelt.
Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit muss der Schädiger u.U. mit einer Regressforderung seitens des Unfallversicherungsträgers rechnen.
4. Mankohaftung
Von einer Mankohaftung spricht man, wenn ein Arbeitnehmer für Fehlbestände (z.B. bei Kassen- oder Lagerbeständen) aufkommen muss. Damit wird die grundsätzliche Haftungsbeschränkung umgangen. Außerdem muss der Arbeitgeber nicht beweisen, dass der Arbeitnehmer den Schaden verursacht hat. Deshalb sind Vereinbarungen, nach denen der Arbeitnehmer für den Bestand voll verantwortlich ist, nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig:
- Für das erhöhte Risiko muss dem Arbeitnehmer ein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich gewährt werden (z.B. zusätzliches Mankogeld, erhöhtes Gehalt).
- Der Arbeitnehmer muss auch tatsächlich die Möglichkeit haben, den Verlust zu vermeiden. (also die alleinige Zugriffsmöglichkeit).
Wenn keine Mankoabrede getroffen wurde, haftet der für gewisse Bestände zuständige Arbeitnehmer nur im Rahmen der allgemeinen innerbetrieblichen Risikoverteilung (siehe oben Nr. 3.). Also ist insbesondere jedes Mitverschulden des Arbeitgebers zu berücksichtigen (z.B. mangelnde Überwachungs- und Sicherungseinrichtungen, mangelnde Kontrollen durch den Arbeitgeber, Überlastung des Arbeitnehmers).
5. Die Pfändungsfreigrenzen
Wenn der Arbeitgeber Schadensersatzansprüche durch Aufrechnung geltend macht, also Teile des Lohnes einbehält, muss er die Pfändungsfreigrenzen beachten. Selbst bei hohen Schadensersatzforderungen darf er also nicht das gesamte Arbeitsentgelt einbehalten, sondern höchstens den Betrag, den ihm die Zivilprozessordnung je nach persönlicher Situation des Arbeitnehmers (z.B. bei Unterhaltsverpflichtungen) gestattet.
B. Haftung des Arbeitgebers
Bei Sachschäden gibt es grundsätzlich keine Besonderheiten. Der Arbeitgeber haftet gegenüber seinen Beschäftigten also uneingeschränkt für eigenes Verschulden und unter Umständen für das Verschulden seiner Mitarbeiter als Verrichtungsgehilfen. Es ist also denkbar, dass ein durch einen Kollegen geschädigter Arbeitnehmer gleich seinen Arbeitgeber in Anspruch nimmt, falls diesem ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorwerfbar ist.
Einzige Besonderheit im Arbeitsverhältnis ist die Beschädigung von Eigentum des Arbeitnehmers, falls der geschädigte Arbeitnehmer den Schaden selbst herbeigeführt hat. Denn wenn das Eigentum des Arbeitnehmers im Rahmen seiner Arbeitsleistung eingesetzt wird, spart der Arbeitgeber deshalb den Einsatz eigener Materialien. Weil bei einem Einsatz von Material des Arbeitgebers der innerbetriebliche Haftungsausgleich greifen würde, muss der Arbeitgeber auch den Schaden am Privateigentum des Arbeitnehmers in der entsprechenden Höhe übernehmen.
Hauptanwendungsfälle sind in diesem Zusammenhang Unfälle bei Dienstfahrten im Privat-Kfz des Arbeitnehmers. Hier muss der Arbeitnehmer so gestellt werden, als wäre er in einem Firmenwagen unterwegs gewesen, also Haftung bei Fahrlässigkeit höchstens in Höhe der Selbstbeteiligung der Vollkasko-Versicherung. Nur wenn der Arbeitnehmer eine Kilometerpauschale in einer Höhe erhält, dass er davon auch eine Vollkaskoversicherung hätte bezahlen können, trägt er möglicherweise die gesamte Schadenssumme an seinem Wagen.
Wenn der Arbeitnehmer im Rahmen eines Betriebsunfalls einen Personenschaden erleidet, ersetzt ihm die gesetzliche Unfallversicherung seine Heilungs- und Rehabilitationskosten, siehe oben Nr. 3. Deshalb kommt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes nur dann in Frage, wenn der Arbeitgeber die Verletzung vorsätzlich oder auf dem Weg zwischen der Wohnung des Arbeitnehmers und der Arbeitsstelle verursacht hat.
Quelle: Arbeitskammer des Saarlandes, Stand: 5/2009
Viel Erfolg! Hoffentlich sehen wir uns bald!
Herzlichen Glückwunsch!
Liebe Grüße an alle Mitstreiter, eine sehr gute Idee mit dem Anmeldeformular und aus Sachsen-Anhalt viel Erfolg für die Wahl…